faceHoch oben umgeben von Berglandschaften sitzt ein Mensch im Schneidersitz. Die Augen sind geschlossen, Hände gefaltet auf Brusthöhe, umhüllt wird er nur von Leinen. Die Welt steht still. Lange sitzt er da und unterhält sich prächtig mit seinem Unterbewusstsein, manchmal schwebt er über dem Boden. Seine einzige Nahrung ist Sonnenlicht. Meditation zwischen Wissenschaft und Klischees.

Die zwei bösen Wörter: Spiritualität und Esoterik. Für viele Menschen immer noch ein Inbegriff für durchgeknallte Hippies. Für mich persönlich bedeutet spirituell zu sein eigentlich nichts anderes, als sich tiefgründig mit sich selbst und der Beziehung zu seiner Umwelt zu beschäftigen. Ich finde es daher sehr schwierig, wenn Spirituelles über einen Kamm geschert wird und gleich von Vornherein gesagt wird: „Ne, das is nichts für mich!“. Es gibt in Deinem Leben nur einen Menschen, der Dir nie von der Seite weicht – Du selbst. Macht doch also irgendwie Sinn den Mann oder die Frau da im Spiegel mal etwas näher kennenzulernen, oder?

Aber ich kann absolut verstehen, wenn man eine gewisse Antipathie aufgebaut hat. Schließlich gibt es auch extreme und abschreckende Beispiele (die allerdings ziemlich die Ausnahme sind). Zudem widerstrebt es oft den Glaubenssätzen, mit denen wir groß geworden sind – letztlich entspricht es also nicht unseren Gewohnheiten. Deswegen möchte ich im Folgenden die Meditationsfrage von einer wissenschaftlichen Seite aus beleuchten, um zu hinterfragen: Ist Meditieren auch was für spirtuelle Muffel?

Wer meditiert eigentlich?

Bei uns entdecken immer mehr Menschen Ihre geistige Seite. Fast auf den Tag genau vor 3 Jahren veröffentlichte die Identity Foundation (gemeinnützige Stiftung für Philosophie und Wissenschaftsförderung) eine Studie über Philosophie in Deutschland (Link Kurzversion & Vollversion). Das Meinungsforschungsintitut kam damals unter 1000 befragten Männer und Frauen ab 14 Jahren zu folgendem Schluss:

Für 40 Prozent der Bevölkerung spielen spirituelle Themen und Meditation bereits eine Rolle im Alltag. 22,7 Prozent betonen, dass ihnen regelmäßige Phasen der Selbstbesinnung und Meditation besonders wichtig sind im eigenen Leben.

cityLassen wir uns doch einfach mal darauf ein und tun so, als ob 1000 Menschen Gesamtdeutschland repräsentieren könnten. Das würde bedeuten, dass jeder 3. Deutsche ab einem Alter von 14 in irgendeiner Weise spirituell unterwegs ist und jeder 5. seine eigene Form der Meditation auslebt. Ich weiß nicht, wie es in Deiner Heimat aussieht, aber auf den Straßen meiner Stadt sieht nicht jeder 5. Passant nach einem durchgeknallten Räucherstäbchen-Guru aus =) Und unsere Interviewpartnerinnen aus Berlin vermitteln auf mich auch nicht gerade so einen Eindruck.

Wie weit kann man mit regelmäßigem Innehalten im „wahren“ Leben wirklich kommen? Eine kleine Antwort darauf liefert diese Liste an prominenten Persönlichkeiten, die Meditation praktizieren. Darunter zu finden: Kate Perry, die Beatles, Rupert Murdoch, Jennifer Aniston, Gisele Bündchen undundund.

Ja, ich bin beim Meditieren dabei »

Anfänger an jeder Ecke

Worüber die Studie allerdings kein Wort verliert, ist die Offenheit mit der spirituelles Denken ausgelebt wird. Die Umfrage selbst wurde sicher anonym durchgeführt. Als einer von fünf bist Du halt in gewisser Weise noch Außenseiter. Da spricht man vielleicht auch nicht so gerne öffentlich darüber, weil es noch nicht richtig gesellschaftlich akzeptiert ist – oder man zumindest denkt. Aber rechne ich die Zahlen hoch, gibt es hier im Land MILLIONEN, die anscheinend auf Ihre Art Meditieren. Unter dieser Perspektive ist es doch eigentlich gar nicht besonderes oder abgehoben.

man

Was spirituelle Muffel lieben . . .

dürfte die konventionelle Schulmedizin sein. Wenn man an die nämlich auch nicht glaubt, bleibt wenig übrig auf dieser Welt, an dem man sich überhaupt orientieren könnte 🙂 Während sich die Schulmedizin mittlerweile durchaus bewusst über die Verbindung zwischen Körper und Geist ist, erschien erst vor wenigen Tagen eine Studie aus Kanada, welche dieses Verhältnis aber nochmals in ein klareres Licht rückt. Dieses Paper zeigt, dass Yoga und Meditation Krebspatienten dabei hilft schneller zu genesen. Untersucht wurden Patienteninnen, die den Brustkrebs bereits überlebt hatten, aber sich dennoch bekümmert fühlten. Das wirklich Spannende dabei ist, dass durch die Behandlung mit Achtsamkeit eine Veränderung in den Zellen der Patientinnen nachgewisen werden konnte!

Es konnte beobachtet werden, wie die sogenannten Telomere (Protein Komplexe am Chromosomenende) über eine Behandlung von drei Monaten gleich lang blieben. Klingt erst mal nach „ok, mir egal“, ist aber aus folgendem Grund ziemlich geil: Schrumpfende Telomere sind ein Zeichen alternder Zellen, während lange Telomere als krankheitsabwehrend gelten. Bei der Kontrollgruppe ohne Behandlung haben sich die Telomere tatsächlich verkürzt. Eine große Anzahl an promovierten Ärzten waren daran beteiligt, sowie die staatliche Universität der Stadt Calgary – allesamt Vertreter klassischer Schulmedizin. Wer sich näher mit dem Thema befassen will, eine der mitwirkenden Köpfe bei der Studie war Linda E. Carlson, die schon ein Buch zum Thema veröffentlicht hat:
Krebs bewältigen mit Achtsamkeit: Wie Ihnen MBSR hilft, das Leben zurückzugewinnen

Abschließend ein Zitat von Allison McPherson, einer Patientin des Programms, die sagt, dass diese Erfahrung lebensverändernd für sie war:

Zuerst war ich skeptisch und dachte, es wäre ein Haufen Hokuspokus. Aber nun übe ich den ganzen Tag Achtsamkeit und es hat mich daran erinnert, weniger reaktiv und freundlicher zu mir selbst und anderen zu werden.

Ist Meditieren also auch was für sprituelle Muffel? Als Nicht-Muffel kann ich das nicht abschließend beantworten, aber mich würde Deine Meinung dazu interessieren! Hinterlasse also bitte einen Kommentar, falls ich Dich so gar nicht angesprochen habe oder sogar zum Nachdenken gebracht habe 😉

Achtsame Grüße
°°°Alex